Am 14. Mai war Muttertag und gleichzeitig wurde der NRW-Landtag gewählt in dem mit Abstand bevölkerungsreichsten Bundesland in zentraler Lage mitten in Europa. Für die beiden mächtigsten Muttis in Deutschland ging es also richtig um die Wurst. Hannelore aus Mülheim wollte unbedingt Landes-Mutti bleiben, doch ihr miserables Abschneiden war gleichzeitig das Urteil bzw. der Abgesang auf den noch vor kurzem hochgehypten Würselener EU-Martin. Für die Bundes-Mutti aus McPom, wo ihre CDU noch vor Monaten einen jähen Absturz erlebte, hat der profillose Armin, alias Laschet, aus der Vorstadt von Würselen alles klar gemacht für die (möchtegerne) Kanzlerin auf quasi-Lebenszeit, also die Endlosmutti aller Deutschen und Zuwanderer. Soweit die mainstream-Kommentare, die heute und in den nächsten Tagen die Medien bestimmen werden.
Die meisten von ihnen überschlugen sich vorher regelrecht vor Begeisterung über soviel Spannung bei einer Wahl als quasi-Ersatzspiel für ein Revierderby BVB gegen Schalke, zumindest aus Zeiten, wo beide noch echte Konkurrenten der Bayern waren. Etliche Kommentatoren wichtiger Medien sahen in der NRW-Wahl gar den wundersamen Beweis dafür, wie toll unsere Demokratie doch sei und wie gefestigt sowie mega-erfolgreich.
Doch ist das wirklich so?
Wer nur ein wenig genauer in NRW hinschaut, der weiß, dass all das auf tönernen Füßen steht und dass sich in den knapp 4 Monaten bis zur Bundestagswahl noch ganz Vieles völlig anders darstellen und entwickeln kann. Im folgenden zu Symptomen und Gründen zur insgesamt konfliktbeladenen Lage in NRW und zu einigen Gründen und Ursachen: Vorab: Der Absturz von SPD und Grünen ist alles andere als überraschend (mehr s.u.), so sehr viele Redaktionen etwa von WDR oder WAZ es auch gerne anders gehabt hätten. Und das ist bei weitem nicht das Verdienst der NRW-CDU oder des Herrn Laschet. Der phönixartige Aufstieg der FDP hat sicher auch mit den massiven Streitigkeiten innerhalb der AfD zu tun. Dass die Weltsicht vieler Wähler und die der SPD auseinanderklaffen, ließ nicht nur die Wahlresultate der Partei abstürzen, sie spielte auch Kabarettisten in die Karten, wie hier aus Extra3 von letzter Woche zu sehen ist
Der schnelle Rücktritt von Frau Kraft verdient sicherlich hohe Anerkennung. Sie hätte das von einigen ihrer Minister schon lange vorher fordern müssen, zu allererst von IM Jäger!
im Bild von links die ehemaligen NRW-„Spitzen“ von DieLinke, Piraten, SPD, Grüne, CDU, FDP und AfD
Scherbenhaufen NRW mit großen
strukturellen Schwächen und
jahrelangen Versäumnissen!?
Nirgendwo in Deutschland sind trotz Wirtschaftsboom die Anzeichen von Krise so deutlich wie in NRW und besonders deutlich im Ruhrgebiet mit seinen weit über 5 Millionen Menschen und der hohen Zahl an Migranten, Flüchtlingen, Zuwanderern, d.h. Parallelkulturen in kaum noch kontrollierbarem Ausmaß und mit allen dazugehörenden Folgeproblemen.
Hinzu kommt im Ruhrgebiet fast überall ein bestehender hartleibiger Filz, zumeist SPD-lastig, auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten viele Grüne und CDU`ler nahtlos haben einbauen lassen. Jedenfalls ist der Ruhrgebietsfilz noch ausgeprägter als selbst der Kölner Klüngel, weil er zusätzlich auch noch auf die vielen Kirchtürme und ihr Übermaß an Versorgungsmöglichkeiten der „selbständigen“ Stadtteile der Ruhrmetropole zugreifen kann. In den Nachkriegsjahrzehnten mit boomender Kohle- und Stahlbasis funktionierte das bestens und hatte in seinem Polyzentrismus sogar etliche Vorteile.
Nach den vielen Kohle- und Stahlkrisen hat sich das seit den 80er Jahren aber Stück für Stück völlig geändert. Der damals begonnene Strukturwandel im Ruhrgebiet war lange Jahre vorbildhaft, wurde dann aber mit der deutschen Einheit in den Hintergrund gedrängt und verlor bald jede Dynamik. So wurde das Ruhrgebiet seit Mitte der 90er Jahre Stück für Stück zur Hauptproblemregion Deutschlands mit all den zugehörigen Symptomen. Die Ära Clement war für NRW insgesamt ein großer Flop mit Luftschlössern wie dem Metrorapid u.v.m., aber totalem Scheitern bei dem lange überfälligen und dringend erforderlichen Verwaltungsumbau. Großmaul Clement machte sich weg nach Berlin, um dort als Superminister für Schröder die Agenda- und Hartz-Gesetze durchzuziehen, was der SPD vor allem in NRW schwere Zerreißproben und Schrumpfungsprozesse bescherte. So war es nach der kurzen NRW-Interims- und Stillstandphase mit Steinbrück folgerichtig, dass die SPD nach Jahrzehnten in NRW als Regierung abgewählt wurde. Die folgende CDU/FDP-Rüttgers-Regierung hatte zwar Struktur-reformen versprochen, bekam aber Angst vor der eigenen Courage, nachdem der Widerstand in den Mammut-Bürokratien des Landes sich regte. Wieder geschah nichts bis wenig, so dass insbesondere das Ruhrgebiet weiter vor sich hin dümpelte im fast steten Abwärtsgang. Dafür wurde die Rüttgers-Regierung auch wieder abgewählt und die folgende ruhrgebietslastige Kraft-Regierung wollte nichts Größeres mehr anfassen, auch um ihren gebeutelten vielen Funktionären speziell im Ruhrgebiet die Pfründe zu sichern. Den quasi-bankrotten Städte im Ruhrgebiet und dem Bergischen Land bescherte die Kraft-Regierung massiv gelockerte Bedingungen für Haushaltssanierung und einen Milliardensegen des Landes als sog. Stärkungspakt Kommunalfinanzen. So stellt sich NRW nach 6 Jahren weiteren rot-grünen Regierungsjahren wenig zukunftssicher dar mit haufenweise Problemen.
Zwar haben besonders die bankrotten Ruhrgebietsstädte die Flüchtlingskrise mit offenen Armen als quasi-Konjunkturprogramm genutzt, um „endlich“ wieder richtig Geld ausgeben zu dürfen, hat der massiv verstärkte Zustrom von Menschen besonders in die Städte wieder Bevölkerungswachstum (und damit mehr Zuschüsse usw.) beschert, konnten Immobilienwirtschaft und Sozialkonzerne ob der Zuwandererströme in regelrechter Goldgräberstimmung aufblühen wie sehr lange nicht. Allerdings ist dieser gesamte Wachstumsschub deutlich auf Sand gebaut, denn ein Großteil der Neu-Bewohner werden noch lange Zeit auf staatliche Hilfen angewiesen sein, die Probleme aufgrund sich rapide verbreitenden Parallelgesellschaften werden zunehmen und Sozial- wie Bildungssysteme können oder werden sich bei weiterer Überforderung auseinander dividieren.
Das Konzept der rot-grünen Kraft-Regierung, möglichst nichts zu tun, um auch keine Fehler zu machen, ist längst krachend gescheitert. Spätestens mit der Flüchtlingskrise, aber auch schon vorher, ist sie damit zum Sicherheitsrisiko geworden, und zwar nicht nur bzgl. der Terrorgefahr durch den bevorzugten „Schläferstandort“ NRW oder die vielen Einbrüche, Clan-Strukturen u.v.m. Das Stauland NRW ist auch bei ÖPNV und SPNV eine Katastrophe wie kein anderes Bundesland oder fast kein anderes EU-Land. Die Schulpolitik ist ein inzwischen ein ziemlich chaotisiertes Experimentier- und Problemfeld, das zusehends Lehrer und Kinder überfordert. Uswusf…
Während Deutschland sich insgesamt 2017 noch in Boomzeiten befindet, präsentiert sich das größte und wichtigste Bundesland insgesamt eher als Scherbenhaufen, ob in der Schul-, der Verkehrs-, der Sicherheits-, der Zuwanderungs-, der Wirtschaftspolitik usw.. Das Schlimmste dabei aber ist der Versuch des größten Teils der Politik sowie den meisten Medien, den anstehenden und offensichtlichen Problemen aus dem Wege zu gehen durch Relativierung, Verniedlichung oder sogar Verschweigen. Im traditionell größtenteils eher linken NRW wirken die meisten Führungskräfte aus Parteien, Gewerkschaften und Wirtschaft genauso wie viele Meinungsmacher vom „Staatsfunk“ WDR über wichtigste Presseorgane a la WAZ u.ä. bis hin zu den Kabarettisten und Kulturleuten geistig verblendet, ratlos, mitunter ideen- und visionslos.
Eine bereits vorher völlig realitätsblinde Zuwanderungspolitik des rot-grünen NRW hat mit der einsamen Merkel-Entscheidung im Sept. 15 zur unkontrollierten Einladung Deutschlands an alle und jeden, der Asyl sagen konnte und möglichst keinen Pass vorzeigen wollte oder konnte, endgültig zum europäischen Drehkreuz von Kriminalität jeder Art gemacht: Menschen- und Mädchenhandel, Drogen- und Bandenkriminalität, Gewaltverbrechen, Einbruchsserien, Terrorismus uswusf.. Dabei stellte Innenminister Jäger zweifelsohne ein Sicherheitsrisiko höchster Kategorie dar. Doch nicht nur ihm sind die Problemlagen ziemlich über den Kopf gewachsen, Bildungsministerin Löhrmann ging es genauso usw..
Viel bedenklicher als das Versagen einzelner Politgrößen aber sind die deutlichen Auflösungserscheinungen der sog. Zivilgesellschaft derjenigen, die nach Merkel-Definition „schon länger hier leben“.
Die sog. Willkommenskultur z.B. mit ihren vielen ehrenamtlichen Helfer/innen hat sich in weiten Teilen zurückgezogen bzw. in Luft aufgelöst, sei es aus Frust über die betreuten realen Menschen oder aus simpler Ermüdung bzw. Überforderung. Überfordert und auf den burn-out zusteuernd sind vor allem Menschen, die in den zusehends überstrapazierten Sozialsystemen und im Bildungssektor arbeiten. Viele andere Bereiche der einst vielfältigen und ehrenamtlichen Bürgergesellschaft haben sich in den letzten Jahren deutlich ausgedünnt. Fast überall sind nur noch die hartgesottenen Aktivisten übrig.
Die mit der Flüchtlingskrise unter dem Totschlagsargument der „nationalen Herausforderung“ rapide voran geschrittenen inneren Aushöhlung der Demokratie bei gleichzeitiger Verselbständigung der Bürokratien auf allen Ebenen erinnert in NRW bereits deutlich an die letzten Jahre der Weimarer Republik mit all ihren Ermächtigungsgesetzen und der Handlungsunfähigkeit bzw. dem Versagen der Parlamente. Im Ruhrgebiet speziell sind auch DDR-ähnliche Tendenzen unverkennbar, zumindest was die letzten DDR-Jahre betrifft.
Fazit: Wenn die EU weiter auseinander driften sollte, evtl. der Euro ganz oder teilweise abgeschafft werden muss, wird auch im noch boomenden Deutschland die Lage bitterernst und das vor allem im Ruhrgebiet und damit Gesamt-NRW!
Mehr auch in: „NRW, oh weh, oh weh?! Zunehmende politische Heimatlosigkeit?!“ hier
MBI-Fragen an die Parteien und MBI-Kommentare zur LTW 2017:
- Alle MBI-Wahlprüfsteine für die NRW-Landtagswahl im Mai 2017 auf einer Datei: „Für die Wiederbelebung der kommunalen Demokratie, für mehr Transparenz und (Wieder-)Ausweitung der Bürgerrechte!“ als pdf-Datei (196 KB)
- Vorwort zu den MBI-Wahlprüfsteinen zur Landtagswahl: „Scherbenhaufen NRW?“ hier
- Teil I: „Demokratie und Bürgerrechte“ hier
- Teil II: „Kirchturmspolitik, ÖPNV-Krise und Mittelbehörden“ hier
- Teil III: „Privatisierung inkl. PPP und Autobahnprivatisierung mit Maut“ hier
- Teil IV: „Inklusion, Seiteneinsteiger, G8/9 usw.: NRW-Schulchaos?“ hier
- Teil V: „Kommunale Finanzen und Misswirtschaft“ hier
- Teil VI: „Sonstiges von GEZ bis Olympia, Bauwahn und Verkehrswende“ hier