Mülheim, den 22.07.10
MBI-Zwischenbilanz 1 Jahr nach der Kommunalwahl 2009: “Mülheim zwischen Dilettantismus und Größenwahn!?” auch als pdf-Datei (63 KB)
MH 2010: Innenstadtkrise, Nothaushalt, Kulturhauptstadt, NRW-Wahlen….
MBI-Zwischenbilanz nach fast 1 Jahr seit den Kommunalwahlen
Das Wahljahr 2009 hatte sich in unserer Stadt bereits als fast schwindelerregende Abfolge von Fehlentwicklungen und Problemstellungen gezeigt wie FH-Durcheinander, Innenstadtkrise, Haushaltskatastrophe, Rathausabrissparty, unrechtmäßige Gaspreiserhöhungen, Ruhrbanium als nä. Luftschloss, Kübelitis auf der Schloßstr., verbale Entgleisungen der SPD-Spitzen, Karikaturenstreit uswusf………
Bei den Kommunalwahlen vom 30. Aug. wurden die MBI dann mit 11,6% der Stimmen erneut und dieses Mal eindeutig drittstärkste Kraft in Mülheim. Sitze in allen Aufsichtsräten und der Vorsitz des Kulturausschusses konnten den MBI damit nicht mehr verwehrt werden. Ein sehr arbeitsintensives und turbulentes Jahr folgte.
Als fast einzige brachten die MBI gleich zur 1. Ratssitzung weitreichende Anträge ein: Ein Moratorium zu Ruhrbania nach dem FH-Scheitern dort, für die Durchführung eines Bürgerhaushalts und zusammen mit der FDP für die Einbringung des Etatentwurfs 2010 noch im Dez. 09 und für die deutliche Senkung der Wertgrenzen.
Dem folgten in der Folgezeit viele weitere Anträge u.a. zum überflüssigen Streit um die Markthändler, zur Umsetzung des Elternwillens an der GGS Krähenbüschken, zum unvermittelbaren overfly-Abriss, zu Möglichkeiten auf den Altindustrieflächen an Kassenberg und Heuweg, zur Kaufhofschließung, zur Begradigung der Duisburger Str. als Verbesserung des FH-Standorts, etliche zu der Bauwut überall im Stadtgebiet, zur Verhinderung des Kahlschlags im Kulturbereich, zuletzt der Flughafen-Ausstiegsbeschluss u.v.m.. Beherrschend aber waren die Verzögerungen bei Aufstellung und Verabschiedung des Haushalts, der letztendlich dann per Rot-rot-grün zum retardierten Doppelhaushalt mutierte.
Verschiedene Anträge wurden mit anderen Fraktionen zusammen gestellt, in unterschiedlichen Kombinationen.
In etlichen Punkten konnten wir uns gegen die vorherrschende Kombination aus Verwaltung und SPD durchsetzen, mitunter brach auch dieses „Traditionsbündnis“ auseinander wie z.B. bei der Verweigerung der Entlastung für Bultmann. Viele Themen haben die MBI nach den Wahlen alleine oder mit anderen angestoßen bzw. zumindest thematisiert, doch leider konnten wir oft nur feststellen:
„Hätte man nur früher auf die MBI gehört…“
Schwerpunkte waren und werden in der nächsten Zeit weiter bleiben:
- Die Haushaltskatastrophe und dabei der Versuch, die Eigenanteile durch irrsinnige Verschwendung zu verringern sowie Schritte, um wieder Haushaltswahrheit und –klarheit zu erreichen, mehr hier
- Die riesige Innenstadtkrise hier und der Ruhrbania-Scherbenhaufen, hier
- Die katastrophal gestrige Klimapolitik: Betonwüste Innenstadt und B-Plan-Orgien, hier RWE-Hörigkeit statt Rekommunalisierung z.B. des Stromnetzes beenden usw.. hier
- Fundamentale Fehler und schrecklicher Dilettantismus der Stadtplanung in etlichen Stadtteilen, allen voran in Speldorf, vgl. hier
- Die Wiederbelebung von Demokratie und Stadtplanung
Mit der neuen Landesregierung haben sich diverse Stellschrauben geändert, von RP bis zur Umkehrung von „Privat vor Staat“. Die MBI bleiben am Ball. MBI-Forderungen an die neue Landesregierung hier
Unabhängig davon gelten für die MBI weiterhin die Ziele: Mehr Transparenz und Bürgernähe, mehr und schnellere Ruhrstadt, Eindämmen von Filz, Korruption und Verkündungsdemokratie!
Im folgenden der WAZ-Artikel aus Juli 2009, in den meisten Punkten heute leider noch genauso aktuell wie vor 1 Jahr!
WAZ-Mülheim, 17.07.2009, Wolfgang PLATZECK
DER KOMMUNALWAHLKAMPF
Spaß an einer „konstruktiven Opposition”
Die Mülheimer Bürger-Initiativen (MBI) wollen „Fehlentwicklungen” der letzten Jahre korrigieren
MBI-Vorsitzender Hans-Georg Hötger (links) und Fraktionssprecher Lothar Reinhard. Die MBI wollen nach der Wahl auch kostensenkende Kooperationen mit den Nachbarstädten vorantreiben. Foto: Roy Glisson Foto: WAZ
„Eine Wahlbeteiligung von nur 30 oder 35 Prozent wäre eine Katastrophe”, warnt Hans-Georg Hötger. Der Vorsitzender der Mülheimer Bürger-Initiativen ist zwar überzeugt, dass die MBI bei der Kommunalwahl so viele Stimmen (10,3 Prozent) auf sich versammeln wie vor fünf Jahren: „Wenigstens. Die Leute müssen sich nur daran erinnern, was wir getan haben.” Andererseits, und diese Ansicht bekräftigt auch MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard: „In dieser Situation kann keiner eine Prognose abgeben.” Die Krise habe zu viele Menschen erstarren lassen wie das Kaninchen vor der Schlange – keiner wisse, wie sich diese aus Wut und Verzweiflung genährte Apathie auf das Wahlverhalten auswirke.
Je mehr Mülheimer ihren Stimmzettel abgeben, davon ist die zurzeit drittstärkste Ratsfraktion überzeugt, desto effektiver können die MBI künftig „konstruktive Opposition” betreiben. Auf der Agenda für die neue Legislaturperiode steht für die Initiativen, die nach langem Zögern erstmals einen OB-Kandidaten (Ratsherr Friedel Lemke) stellen, an erster Stelle der „totale Kassensturz”. Die Stadt, meint Lothar Reinhard, habe nur deshalb keinen Nothaushalt, weil bewusst von falschen Annahmen ausgegangen werde. Statt einer um jährlich 15 Millionen wachsenden Gewerbesteuer-Einnahme sehen die MBI allein für 2008 einen Einbruch um 40 Millionen und für 2009 einen weiteren Rückgang um 50 bis 100 Millionen.
Wenn die Initiativen die „Fehlentwicklungen der letzten zehn Jahre” zurücknehmen wollen, dann sind damit die Ruhrbania-Pläne gemeint und solche Projekte, „bei denen die Stadt durch Umwegfinanzierung dem Bürger noch Gestaltungsmöglichkeiten vorgegaukelt hat”. Reinhard nennt die „Private Public Partnership”-Projekte eine „Trickserei”, durch die der Schuldenberg ins Unermessliche wachse und die demokratische Kontrolle auf Jahrzehnte unmöglich gemacht werde. Zum Programm der MBI gehört neben stärkerer Bürgerbeteiligung und einem angemessenen Reagieren auf die Klimakatastrophe auch ein Reinemachen in der Verwaltung. „Wir haben die höchsten Personalkosten im Ruhrgebiet. Die 3500 Beschäftigen in der Verwaltung führen ein Eigenleben, das geprägt ist von Lobbyismus.
Schauen wir uns also an, was in dem Jahr geschah und inwieweit die MBI-Ziele umsetzbar waren:
Vorab einige Daten und Ereignisse
30.8. Kommunalwahlen ergeben neue Ratsmehrheiten …
9.9. Riesen-VIP-Zelt auf dem verwaisten Rathausmarkt. Der SWB verkündete den Beginn der Sanierung des denkmalgeschützten Rathausaltbaus für ca. 40 Mio. Euro……….
13.9. Woolworth schließt endgültig …..
17.9. der „alte“ Rat beschließt mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP Ruhrbania+Kocks als FH-Standort …… 25.9.09: Unbemerkt von jeder Öffentlichkeit hatte anscheinend die Staatsanwaltschaft mit Yassines Verteidiger bereits vor Monaten eine einvernehmliche Beendigung des Strafverfahrens ausgehandelt …..
27.9.09: Bundestagswahl: FDP und FDP stellen neue Regierung, CDU-Chef Schmitt muss in Mülheim bleiben
29.9.09: Kämmerer Bonan in der WAZ: „Ein Nothaushalt droht in jedem Fall für 2010; für 2009 kann ich es nicht ausschließen.“ Wahlbetrug wie in Dortmund, Duisburg und Krefeld durch Verschweigen vor der Wahl? .. 6.10.09: “Kaufhof wird abgerissen“. Mühlenfeld, Schnitzmeier, Sander&Co präsentieren auf der Expo-Real in München Ruhrbania, Ruhrbanium usw.. Und siehe da: Die Kaufhofpläne von kurz vor den Kommunalwahlen haben sich bereits deutlich verändert! …..
9.10. Minister verkündet: Die FH kommt an die Duisburger Str.! Nix Ruhrbania, nix Lindgens: Blamage pur, in MH a.d. Ruhr!? ….
29.10.09: Konstituierende Sitzung des Rates der Stadt Mülheim. Alle 4 MBI-Anträge werden verschoben: Das Moratorium zu Ruhrbania wird dann im Planungsausschuss abgelehnt, der Etat 2010 wird erst im Feb. 2010 eingebracht, zur Senkung der Wertgrenzen versucht die Verwaltung noch mehrere Gesprächsrunden, bis sie im März 10 endlich beschlossen werden, zum Bürgerhaushalt greift die Verwaltung den MBI-Antrag z.T. auf und veranstaltet ab März Bürgerinfoveranstaltungen und ein Online-Forum für Bürgervorschläge …..
18.11.09: Die Orchestermitglieder des Jugendsinfonieorchesters der Stadt Mülheim erhielten die Nachricht: Das Weihnachtskonzert am 12.12.2009 fällt aus als Sparmaßnahme im Vorgriff!!! Am 20.11. muss Frau Mühlenfeld die peinliche Entscheidung rückgängig machen nach Intervention von Eltern und der MBI über ihren Kulturausschussvorsitzenden F. Lemke ……
10.12.09: Schulausschuss beschließt gegen SPD+Verwaltung OGS-Ausbau an der GGS Krähenbüschken, was die BV 3 auf MBI-Antrag noch abgelehnt hatte ……
15.12.09: Planungsausschuss stimmt den 1,7 Millionen Euro für den Kauf des ehemaligen Arbeitsamts im Ruhrbania-Baufeld 3 von Hoffmeister&Co. zu, um das Gebäude demnächst niederlegen zu können. ….
Dez. 09: Auch das Ärztezentrum im Ruhrbania-Baufeld 1 scheitert, der ursprünglich beschlossene Baubeginn im Dez. 09 wird nicht einzuhalten sein. Vertragsstrafe keine, weil die Verträge anders unterschrieben wurden als beschlossen. Ausnahmegenehmigungen vom B-Plan Ruhrbania mit 1 zusätzlichen Stockwerk und mehr Wohn- und Büronutzung werden Kondor Wessels zugestanden ………..
26.1.10: Planungsausschuss beschließt die Vergabe des Abbruchs der Hochstr. (overfly) am Brückenkopf der Nordbrücke. Die nächsten 15 Millionen für eine auch noch verkehrlich kontraproduktive Maßnahme, die nach dem Scheitern der FH-Pläne in Ruhrbania zwischen Eisenbahn- und Nordbrücke vorerst nicht nachvollziehbar, geschweige denn sinnvoll ist ………..
24.2.10: Etateinbringung mit perspektivloser HSK-Giftliste als Überraschungsei und „heiligen Kühen“ wie Ruhrbania ……….
25.2.10: Urteil des VG Düsseldorf gegen die Dauer-Ausnahmegenehmigungen für Düsenflüge am Flughafen …
März 10: Bürgerhaushalt mit 3 Veranstaltungen und online-Forum ………..
April 10: SPD und/oder CDU verschieben fast alle Haushaltsberatungen auf nach die NRW-Wahl
6.5.10: Bei der überfüllten Bürgerversammlung zur Einleitung des H 18 „Mendener/Bergerstr.“ prallt die Stadt auf riesengroße Ablehnung und Unverständnis ……..
9.5.10: NRW-Wahl ergibt keine Regierungsmehrheit, Schwarz-Gelb wird abgewählt ………
20.5.10: Dilettantenstadel um den Wochenmarkt Schlossstr. nach über 6 Monaten endlich beendet …..
27.5.10: Kungelrunde verschiebt Mitte Mai die Etatverabschiedung erst auf 8. Juli, Rot-Rot-Grün per Ratsbeschluss dann auf 7. Okt. und als Doppelhaushalt, einzubringen im Juli ……
30.5. Der Kaufhof schließt endgültig ……
17.6.10: CDU, MBI, FDP und Linke lehnen vorgezogene und rückwärtig geltende Steuerhöhungen ab…….
8.7.10: Rat beschließt auf Antrag von CDU, MBI, Grünen den Flughafenausstieg …….
Doppeletat ohne jeglich neue Perspektive eingebracht
RWE-Aufsichtsrätin als OB peitscht Ausschreibung zur vorzeitigen Verlängerung der Stromkonzession
durch, MBI, Grüne, Linke usw. fühlen sich verschaukelt
Fazit der Ereignisse im 1. Jahr nach der Kommunalwahl 09
- Fast alle Ankündigungen und großen Pläne von vor den Wahlen lösten sich in Wohlgefallen und Ungewissheit auf: Ruhrbania-Ärztehaus, Ruhrbanium, FH in der Innenstadt. Dennoch wurde alles weiter durchgezogen mit „heiligen Kühen“ im Haushalt, Hinauszögern des Etats bis ultimo usw..
- Die Folgen: Innenstadt-Hyper-Krise hier, Ruhrbania-Scherbenhaufen, für die FH nur suboptimale Lösungen und ein auswegloses Etatchaos, das sogar Kahlschlag im Kultur- und Sportbereich in Kauf nehmen wollte
- Eine katastrophal antiquierte und schädliche Stadtplanung auch in etlichen Stadtteilen, am schlimmsten in Speldorf, fernab aller Erkenntnisse zur Alterspyramide und zur Klimaerwärmung, die alle Chancen ungenutzt läßt, aber Günstlinge gewähren läßt
Kurzum: Das System Mühlenfeld hat unsere Stadt nicht nur vor, sondern regelrecht durch die Wand gefahren. (Zur Erinnerung: Als sie 2003 gewählt wurde, waren Metrorapid, Ruhrbania und Flughafenausbau ihre Haupt“fiesionen“!) Ein völlig überholtes Modernisierungskonzept hat den Bestand gänzlich vernachlässigt bzw. zerstört. Da hilft auch keine „Zukunfts“schule, so diese überhaupt Zukunft hat! Die anderen beiden Spitzendamen in Stadtplanung und MST sind zudem hoffnungslos überfordert, die SPD und z.T. die CDU blockieren das überfällige Innehalten und die dringend notwendige Neubesinnung.
Es geht nur noch Richtung Ruhrstadt, d.h. auch die Abgabe von Kompetenzen. Die Reparatur des Ruhrbania-Scherbenhaufens wird die Stadt ohnehin noch Jahre am Rand des Abgrunds halten.
Was ist zu tun?
Die Fehlentwicklungen des letzten Jahrzehnts (Privatisierung, Leuchtturmprojekte, Umwegfinanzierungen) korrigieren!
Die Luftschlösser auf den Boden holen, sich viel mehr mit Realitäten und Bestand beschäftigen!
- Wohnlotsen wie in Cuxhafen. Mehr hier
Aufgabe der zerstörerischen Bauprojekte Tilsiter und Bergerstr.,
Entwicklung des Riesenpotenzials an Kassenberg/Düsseldorfer Str. - Den suboptimalen FH-Standort optimieren! Mehr hier
- Rückeroberung des Primats der Politik im Bau- und Nutzungsbereich (Eindämmung der § 34-Genehmigungen wie Hansa- oder Düsseldorfer Str., Grundstücksverkäufe wie Westspitze Hafen wieder in die Gremien, Wildwuchs von Discountern und Spielhallen usw.)
- Einstieg in wirkliche Haushaltssanierung (siehe MBI-Katalog hier)
- Schwerpunkt Schulentwicklungsplanung (trotz abträglichem PPP-Projekt, vgl. hier, und den Speldorfer Problemen wegen der Trickserei für den Stadionumbau, mehr hier), Änderung bzw. Aufgabe der Zukunftsschule und des Berufsschulzentrums, frühzeitigere Einbeziehung der Betroffenen statt teurer Gutachter
- Konsequenter Einstieg in Kooperation und Verschmelzung mit den Nachbarstädten, angefangen mit Teilen der MST
- Konsequente Rekommunalisierung, angefangen mit dem Stromnetz! (kommunale oder regionale Option eröffnen!), danach auch medl, MEG, SEM usw.
- Sukzessive Rückführung aller Ausgliederungen in die Kernverwaltung und vor allem in den Kernhaushalt
- Die Kultur- und Sportinfrastruktur erhalten, wo nur möglich! hier
- Filz, Korruption, Vettern- und Cousinenwirtschaft eindämmen! Das Mölmsche Klüngelalfabet hier