Seit Mitte der 90er Jahre mit der Dezernentin Sander kam es im Baurecht der Stadt Mülheim es zu einer höchst bedenklichen Entwicklung, dass nämlich rechtsgültige Bebauungspläne teilweise in wesentlichen Punkten im Nachhinein geändert wurden, ohne dass ein B-Plan-Änderungsverfahren durchgeführt wurde. Fast immer geschah dies in nichtöffentlichen Sitzungen des Planungsausschusses über Ausnahmegenehmigungen durch und bei konkreten Bauanträgen.
War dies jahrelang vornehmlich auf der Saarner Kuppe mit kleineren Ausnahmen der Fall, so entwickelte sich der gesamte B-Plan „Wohnpark Witthausbusch“ auf dem ehemaligen Kasernengelände Stück für Stück durch nichtöffentliche grundsätzliche Änderungen zu etwas völlig anderem, als rechtskräftig und mit Bürgerbeteiligung und städtebaulichem Wettbewerb beschlossen. Mehr dazu u.a. hier
Das hatte Bauträger wie tenBrinke bereits ermutigt, etwa direkt nach Rechtskraft des B-Plans Klotzdelle für alle Häuschen eine zusätzliche Garage zu beantragen, was „problemlos“ auch erlaubt wurde. Auch beim B-Plan „Blötterweg/ Hundsbuschstr.“ zur Umwandlung des VfB-Stadions in Bauland wurde per Entscheidung von wem auch immer das gesamte Entwässerungskonzept sowie die Aufschüttung des ex-Sportplatzes (damit die Bauhöhen) geändert auch ohne jegliche politische Beteiligung. Bauträger ebenfalls tenBrinke, ebenfalls nie von einem polit. Gremium als solcher beschlossen.
Die absolute Krönung aber ist der B-Plan „Ruhrbania-Ruhrpromenade – Innenstadt 31“, bei dem von Anbeginn B-Plan-Verfahren und Realität sich in unterschiedlichen Welten abzuspielen scheinen. Ob beim Stadtbad, bei Baufeld 1 oder nun aktuell bei Baufeld 2 oder bereits im Vorgriff bei den Baufeldern 3-5, nicht einmal die Numerierung blieb unverändert.
- Mehr auch in: Ruhrbania-Bauflop 12.0?? Oder: Warum die reiche Stadt Mülheim derart pleite ging … hier
Doch die fundamentalen nachträglichen Änderungen ohne jegliches Verfahren machen nicht nur jegliche Bürgerbeteiligung zur Farce, auch die Rechtsstaatlichkeit ist kaum noch zu erkennen. Da bewarb man sich z.B. mit den Baufeldern 3-5 als Fachhochschule, was dem B-Plan eindeutig widersprach. Unabhängig von dem blamablen Nachspiel ohnehin bereits ein Unding. Ähnlich übrigens auch der ebenfalls gescheiterte Versuch, Herrn Hoffmeister den leeren Kaufhof mit der Interims-FH zu füllen oder die neuelichen Stadthauspläne für die Felder 3-5 zwischen Eisenbahn- und Nordbrücke. Alles irgendwie kaum glaublich, dass dies so erlaubt sein kann. Man fragt sich, wozu ein B-Plan teuer und aufwendig aufgestellt und beschlossen wurde, wenn für alles und jedes danach selbst die Zweckbestimmung neu geplant und völlig anders als im B-Plan vorgesehen, realisiert werden kann!
Vorne in das Loch, wo die Bücherei einst statt, sollen ab April 2013 die Bagger für „Ruhr 12.0“ kommen, im Hintergrund das für 49 Mio. sanierte Restrathaus, daran rechts angebaut die Kästen von Kondor Wessels auf Baufeld 1.
Unten die aktuelle MBI-Anfrage in dem Zusammenhang zum Sachstand von Ruhrbania-Baufeld 2 aus Nov. 2012. Dazu stellten die MBI in der Sitzung am 20.11.12 folgende Zusatzfrage:
„Da der Verkaufspreis der ehemals städt. Gelände laut B-Plan auf 4 Stockwerke bezogen war, müsste sich bei Aufstockung um 1 Stockwerk der Grundstückspreis doch ändern, d.h. erhöhen. Musste Kondor Wessels einen Nachschlag für die Abweichung vom B-Plan bezahlen? Ist dies bei Baufeld 2 ggfs. vorgesehen?“ Doch es gab auch dazu keine Antwort, genau wie zu den Fragen 4+5, da angeblich nichtöffentlich.
Es ist schon mehr als bedenklich, wenn erst ein B-Plan mit großer Öffentlichkeitsbeteiligung aufgestellt wird, dessen Festsetzungen dann per Änderungsantrag im Bauantrag in wesentlichen Punkten aber verändert werden und das dann auch noch nichtöffentlich. Das war u.a. bei dem Wegfall der Tiefgarage für den Stadtbadumbau zu Luxuswohnungen so und das ist bei der Anzahl der Geschosse und den Nutzungsmöglichkeiten in den Baufeldern 1 (Kondor Wessels) und Baufeld 2 (MWB, Hoffmeister u.a.) so.
Jeder rechtskräftige B-Plan wird so zur willkürlichen Verhandlungsmasse und die gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung zur Farce. Von der Ausplünderung der öffentlichen Kassen für die Zerstörung und Ersatzbeschaffung intakter Infrastruktur (Rathausneubau, Stadtbadanbau, Bücherei, Entwidmung Ruhrstr. und Zerstörung des Gartendenkmals) im Falle des B-Plans „Ruhrbania-Ruhrpromenade – I 31“ ganz zu schweigen, ebenso zu den vielen Millionen für eine unausgegorene Verkehrsführung, die alleine wegen der Herausnahme der Ruhrstr. als Hauptverkehrsstr. für den B-Plan I 31 aus dem Netz vergeudet wurden.
MBI-Anfrage für den Planungsausschuss am 20.11.12 TO: öffentlich
Sachstand zum Bauvorhaben „Ruhr 12.0“ auf Ruhrbania-Baufeld 2 (u.a. Büchereigelände, im Bild vorne)
das Loch vorne war einmal die Bücherei, ist jetzt „Ruhr 12.“. Im Hintergrund das für 49 Mio. frisch sanierte Restrathaus und rechts daneben die Kästen von Kondor Wessels auf Ruhrbania-Baufeld, wo einst quer der Rathausneubau war
Im Zusammenhang mit der geplanten Bebauung von Baufeld 2 – sog. „Ruhr 12.0“ von MWB, Hoffmeister & Co. auf den Flächen der ehemaligen Bücherei, des ex-Rathausneubaus, der stillgelegten Ruhrstr. und des Gartendenkmals – möge die Verwaltung zu folgenden Fragen berichten und Stellung beziehen:
- Wann genau werden die Bauarbeiten voraussichtlich beginnen, nachdem sich zuletzt doch einiges verzögert hatte?
Mit den Bauarbeiten auf Baufeld 2 soll nach Aussage des Investors voraussichtlich im April 2013 begonnen. Der Bauantrag ist derzeit in der Prüfung durch die Verwaltung. - Wieviele der noch verbliebenen Bäume des ehemaligen Gartendenkmals „Ostruhranlagen“ müssen für dieses Bauvorhaben fallen? Wieviele sollen erhalten bleiben? Sind die Fällgenehmigungen bereits erteilt?
Für das Bauvorhaben auf Baufeld 2 sind bereits alle Bäume gefällt worden, die für die Realisierung des Bauvorhabens beseitigt werden müssen. Alle zu heutigen Zeitpunkt vorhandenen Bäume im Bereich der Ruhrpromenade bzw. des ehemaligen Gartendenkmals „Ostruhranlagen“ sollen planmäßig erhalten bleiben. Insgesamt 15 Bäume aus den ehemaligen Ostruhranlagen sind erhalten geblieben. - Da Kondor Wessels in Baufeld 1 eine Ausnahmegenehmigung von den Festsetzungen des B-Plans erhielt, um 1 Stockwerk mehr bauen zu können, ist zu vermuten, dass auch auf Baufeld 2 daneben 1 Stockwerk mehr erlaubt werden muss. Der B-Plan „Ruhrbania“ sah 4 Vollgeschosse vor. Wurde der Antrag auf 5 Vollgeschosse bereits gestellt? Wenn ja, auch bereits genehmigt? Der Antrag von „Ruhr 12.0“ auf ein 5. Vollgeschoss wurde gestellt. Der Antrag war erforderlich geworden, da das mit dem Entwurf zum Angebot für den Kauf des Grundstückes geplante Staffelgeschoss über dem 3. Obergeschoss baurechtlich als 5. Vollgeschoss zu werten ist, weil es in den Planunterlagen zum Bauantrag nicht allseitig zurückspringt.
Darüber hinaus wird auf die Beratungen im nichtöffentlichen Teil zu diesem Thema verwiesen.
Oder soll „Ruhr 12.0“ anders als die Blocks daneben doch nach den Vorgaben des B-Plans gebaut werden?
Keine Antwort - Ähnlich wie bei der Zahl der Geschosse wurden für Baufeld 1 auch einige Ausnahmen von den Festsetzungen des B-Plans bzgl. erlaubter und nicht erwünschter Nutzung der Gebäude erteilt. Wiederum liegt es nahe, dass dem Projekt „Ruhr 12.0“ aus dem Gleichbehandlungsprinzip heraus Ähnliches genehmigt werden muss und wird. Wurden dahingehend bereits Anträge gestellt? Wenn ja, welcher Art?
Es wird auf die Beratungen im nichtöffentlichen Teil zu diesem Thema verwiesen - Kann die Verwaltung Genaueres zu dem geplanten Ärztehaus berichten, welches den letzten Presseberichten zufolge noch nicht in trockenen Tüchern zu sein schien bzw. scheint?
L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher
vgl. auch: Ruhrbania-Bauflop 12.0?? Oder: Warum die reiche Stadt Mülheim derart pleite ging … hier
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