Aus der Serie „Wenn der Navi versagt“ oder
Verkehrsplanung in Mülheim:
Immer genial daneben, nur leider kapieren die Bürger das nicht oder wollen nicht oder wie oder was?!
Das Mülheimer Innenstadt-Verkehrskonzept war bereits in den 80iger Jahren unübersichtlich und schlecht, u.a. wegen der kontraproduktiven Einbahnstraßenpaare (Ruhr- und Fr. Ebert-Str., Leineweber-, Wall- und Bahnstr., Eppinghofer und Klöttschen), welche unbedarfte Planer/Politiker in den 80er Jahren, anscheinend nach Besuchen in US-Kolonialstädten mit Schachbrettmustern, eingeführt hatten. Viele Mülheimer/innen waren damals stocksauer über diesen unnötigen Dilettantismus, so dass die Verkehrsführung z.B. in den Jahren 88 und 89 das beherrschende kommunale Thema war. Die seit 40 Jahren alleinregierende Mölmsche SPD wäre dafür bei der Kommunalwahl 89 ziemlich sicher auch abgewählt worden, wäre nicht der Zusammenbruch des Ostblocks dazwischen gekommen, der alles vollständig überlagerte.
Die Abwahl geschah daher erst im Herbst 1994 mit Schwarz-Grün zum allerersten Mal in einer deutschen Großstadt. Die MIV (Mülheimer Initiativen Verkehr) – ein Zusammenschluss der vielen damaligen Mölmschen Bürgerinitiativen zu Verkehr – hatten in jahrelanger, mühsamer Kleinarbeit ein anderes, besseres Verkehrskonzept erarbeitet. Schwarz-Grün beschloss dieses auch bereits im Frühjahr 1995, weil MIV-Vertreter sie bedrängten, darunter der heutige MBI-Fraktionssprecher.
Doch die Verwaltung, noch vollständig von der SPD dominiert, blockierte alles über Jahre. Die schwache grüne Dezernentin ab Anfang 96 ordnete sich vollständig der Verwaltung unter und machte sich das zentrale Thema der Verkehrsführung inkl. der Beschlusslage nicht zu eigen. So ruhte alles bis nach den nächsten Wahlen 99. Baganz wurde gewählt auch wegen seiner Versprechen zur Änderung der Verkehrsführung. In seiner kurzen Zeit als OB konnte aber nichts umgesetzt werden, auch weil der RP (SPD) ob des Nothaushalts damals noch Neuinvestitionen blockierte, zumindest bis mit Frau Mühlenfeld eine SPD-Frau OB geworden war.
Die hatte sich zur Wahl 2003 ein angebliches „Strategie“projekt namens Ruhrbania auf die Fahnen gehisst. Das wurde dann umgehend beschlossen, wobei CDU und Grüne unbedingt mit dabei sein wollten („Was stört mich mein Geschwätz von gestern“). Hunderttausende € wurden verpulvert für teure Gutachterbüros. Die erzählten wunschgemäß das Blaue vom Himmel, so auch zur Verkehrsführung für Ruhrbania, die nun in die „Ruhrbania-Baulose“ 1 bis 3 für ca. 40 Mio. Euro aufgesplittet worden war. Das gesamte Ruhrbania-Verkehrskonzept war erkennbar unausgegoren und nur ein Torso dessen, was 10 Jahre vorher beschlossen worden war!
Die MBI und viele Bürger wie u.a. Alt-OB Specht als Verkehrsexperte liefen Sturm, weil das ganze teure Unterfangen erkennbar die vorher schlechte Verkehrsführung noch mehr verschlechtern musste. Dennoch wurde das unausgegorene Konzept gnadenlos durchgezogen. Die verwirrte CDU murrte mitunter lautstark, stimmte kurz später aber jedes Mal dafür.
Taxifahrer, IHK, Geschäftsinhaber en masse kurz vor oder nach der zwangsweisen Schließung und viele Bürger/innen schimpften in den letzten Jahren oft und viel, doch alle Beschwerden prallten von Verwaltung und Politik vollständig ab. Solange Frau Sander noch Dezernentin war, war alles gänzlich indiskutabel, weil doch so toll. Wer jemand wie der Herr vom Klöttschen die Verkehrsplaner gar öffentlich als Versager bezeichnete, wurde mit Strafanzeige und Strafbefehl von über 800 € bestraft für zuviel eigene Meinung. Mehr zu der unglaublichen Geschichte in
- Klöttschen: „Wie der Obrigkeitsstaat seine Bürger mundtot bekommen will …..“ hier
- MBI-Flugblatt “Der Klöttschen und der Strafbefehl wg. “Totale Versager” der Mölmschen Verkehrsplanung” als pdf-Datei (74 KB)
Jetzt Anfang 2013 besteht Handlungsdruck, weil die Firma Rosco ohne Verbesserung der Erreichbarkeit anscheinend keinen Ankermieter für den leerstehenden Kaufhof von Herrn Hoffmeister findet. Und auf einmal wird fast täglich über Änderungen der miserablen Verkehrsführung berichtet.
Na denn … Mölm bovenaan???
Die Aussage „Bürger haben Verkehrskonzept nicht verinnerlicht“ (siehe Link zu WAZ-Artikel unten) hat was. Nach haufenweise Gutachten oder Verkehrssimulationen, die für Millionen € keine auch nur annähernd passable Verkehrsführung mit sich brachten, haben die Mülheimer Verkehrsplaner/innen, bekanntermaßen das exakte Gegenteil von Versagern, endlich die wahre Ursache erkannt. Die Bürger sind zu doof, um die genialen Verkehrsplanungen zu kapieren oder aber zu widerspenstig, um sie zu verinnerlichen. Schlussfolgerung?
Am besten wählen sich Planer und Politiker, frei nach Bertolt Brecht, einfach eine andere Bevölkerung, die auch kapiert und honoriert, was so Gutes für sie getan wurde und wird! Oder?
Es ist nicht mehr einfach, die teuer vermurkste Innenstadt-Verkehrsführung noch bezahlbar zu korrigieren. Als erstes müsste das im letzten Nov. von SPCUFDGrünen beschlossene Baulos 3 mit der Niederlegung auch noch der Hochstraße Tourainer Ring ad acta gelegt werden und dann in Ruhe und ergebnisoffen durchdacht werden, was Sinn macht und was nicht, ganz unabhängig davon, ob Herr Hoffmeister gerade für irgendeine seiner Immobilien Hilfe braucht oder nicht! Mehr zum Kaufhof-Desaster u.a. in „Kaufhofrettung, 3. Versuch?“ hier
14.2.13: Die Vorlage des Planungsausschusses des gestrigen RVR zu „Förderprogramm für den kommunalen Straßen- und Radwegebau 2013“ der 3 RPs, die für das RVR-Gebiet zuständig sind, enthält die Streichung von Landes-Mitteln auch für Mülheim. In der Anlage 2 „Nicht berücksichtigte Maßnahmen“ steht: „Mülheim/Ruhr – Maßnahme „Umbau Tourainer Ring 2. BA zw. Östl. DB-Unterführung u. Kohlenstr; 570m, sowie Straße Klöttschen (Tourainer Ring bis Bruchstr.) 460m”, Gesamtkosten 13,01 Mio. €. Im Baubeschluss von Nov. 12 zu Ruhrbania-Baulos 3, also fast genau die o.g. Maßnahme, wurden aber nur ca. 7,5 Mio. plus 870.00 € Abbruchkosten beschlossen. Die MBI haben nun in einer Anfrage an den Planungsausschuss am 19.2.13 Aufklärung gefordert! Mehr hier
19.2.13: MBI-Antrag, zur Verbesserung der Verkehrssituation Innenstadt die Einbahnstraßenregelung kleine Ruhrstr. umzudrehen wie es vor den Ruhrbania-Umbauten war, um das überflüssige Chaos auf der Kreuzung Leineweber-/Ruhrstr. etwas zu reduzieren. Erst sollte der Antrag nichtöffentlich gemacht werden, im Ernst, dann stimmte die Ausschussmehrheit von SPD+CDU inkl. des Grünen Niehoff den Antrag nieder. Denen ist nicht mehr zu helfen!
Mehr zur umgestalten Mölmschen Verkehrsführung u.a. unter
- Taxifahrer: Ruhrbania-Verkehrsführung Innenstadt eine Katastrophe! hier
- Kein Aprilscherz: Schutt&Schande am Overfly! hier
- Die selbstgemachte Katastrophe der Mölmschen Verkehrsführung hier
- Geisterfahrten durch Ruhrbania hier
- WAZ 4.12. 12: „Stadt trickst für Ausbau-Beschluss für Klöttschen“ hier
und WAZ-Nachfolgeartikel vom 5.12. „Aktenzeichen Klöttschen ungelöst“ hier - Klöttschen: Trickserei ohne Ende zu Lasten der Anwohner? hier
- Unausgegorene Ruhrbania-Innenstadt-Verkehrsführung wird durch Baulos 3 noch schlechter! hier
- Darstellung der Stadt zum Ruhrbania-Verkehrskonzept: „Auch der Verkehr fließt“ hier (im Ernst kein Karnevalsscherz)
„Bürger haben Verkehrskonzept für Innenstadt nicht verinnerlicht
Mülheim. Nach einer von der SPD geforderten Erhebung der Verkehrsbelastung in der Innenstadt stellt die Stadt fest, dass der großräumige Verkehrsumbau der vergangenen Jahre (noch) nicht dazu geführt hat, dass der Verkehr reibungslos fließt……. Erste Feststellung: Die Mülheimer haben das Verkehrskonzept bisher nicht angenommen…..“ Von Mirco Stodollick in WAZ vom 11.02.2013, der ganze Artikel hier