Pünktlich zum 1. April 2013
Dagmar Mühlenfeld: Vorzeitiger Amtsverzicht aus Einsicht oder aus Parteiräson oder was?
Mülheim, 1. April: Die Sensation!
Frau OB Mühlenfeld tritt freiwillig ein Jahr früher ab und nicht wieder an! OB- und Kommunalwahlen damit 2014 gleichzeitig!
Diese Meldung schockiert die gesamte Riege der NRW-Obermeister und –innen wie keine andere: Mit Dagmar Mühlenfeld spielt ausgerechnet eine Vielfach-Funktionärin Vorreiterin beim vorzeitigen Amtsverzicht im Sinne der Landesregierung. Daggi, wie sie von ihren Genossen gutschwesterlich genannt wird, bekleidet als OB heute viele Ämter und Würden zusätzlich, u.a. Präsidium Deutscher Städtetag, Präsidium NRW-Städtetag, Sprecherin Städtebündniss „Raus aus den Schulden“, RWE-Aufsichtsrätin, Aufsichtsratsvorsitzende medl, M&B, FEM, Verwaltungsrätin Spasskasse, Beirätin diverser Stiftungen uswusf..
- 1. April 13: Die Sensation! Frau OB Mühlenfeld tritt freiwillig ein Jahr früher ab und nicht wieder an! OB- und Kommunalwahlen damit 2014 doch wieder gleichzeitig! auch als pdf-Datei (128 KB)
Bekanntlich haben NRW-Landesregierung und Landtag im März beschlossen, dass die Kommunal- und die OB-Wahlen wieder gleichzeitig stattfinden sollen. Da die Vorgängerregierung die OB-Amtszeit verlängert hatte, wäre das aber vor 2020 nicht umsetzbar. Es sei denn, der/die jeweilige Obermeister/in verzichtet vorzeitig auf 1 Jahr Amtszeit, so dass bereits 2014 OB und Stadtrat wieder gleichzeitig gewählt werden könnten.
Wie aus bestens informierter Quelle heute zu hören war, wird die Mülheimerin Dagmar Mühlenfeld am 6. April aus Anlass ihrer 10-jährigen Regentschaft offiziell verkünden, dass sie bereits zur Kommunalwahl im nächsten Jahr ihr Amt als Oberbürgermeisterin inkl. aller daraus abgeleiteten Pöstchen endgültig und ein für allemal niederlegt. Über die wahren Gründe für ihren überraschenden Sinneswandel und über ihre weiteren Zukunftspläne kann zur Zeit nur spekuliert werden, denn dazu hat sowohl ihr privates oder Partei-Umfeld, als auch ihr dienstlicher Hofstaat nichts, aber auch garnichts verlauten lassen wollen. Deshalb stellen sich sowohl für die informierten Laien wie für die weniger informierten Fachleute 2 Fragen:
- Was um Himmels willen hat die 1. Frau der Stadt zum vorzeitigen Amtsverzicht bewogen? Dauer-Burnout beim Daueranblick von Ruhrbania, Parteiräson für KK-Steinbrück oder die örtliche Parteikollegin Kraft als Ministerpräsidentin oder gar Sorge um die kommunale Demokratie vor Ort als solcher?
- Welche Zukunftspläne hat diese Top-Frau, die nicht einmal eine Quotenregelung brauchte, um in einem Dax-Konzern Aufsichtsratstantiemen zu bekommen?
Was genau führt sie wohl noch im Schilde?
Wie also ist Daggis sensationeller Sinneswandel zu erklären, hatte doch gerade sie noch im Februar bei der 1. Ankündigung der Landesregierung als allerallererste NRW-OB überprompt reagiert und völlig andere Töne gespuckt? Anders als in Duisburg letztes Jahr hat in Mülheim doch niemand Frau Mühlenfeld aufgefordert, abzudanken, geschweige denn, dass wie bei Sesselkleber Sauerland in der Nachbarstadt gar ein Bürgerentscheid dazu angestrebt worden wäre. In der Ruhrstadt gibt es zwar Rücktrittsgründe oder -anlässe in Hülle und Fülle. Doch die gab es seit ihrem Amtsantritt im Frühjahr 2003 häufig und immer wieder, hat Daggi aber stets kalt gelassen. In Dortmund z.B. hat das Verschweigen von Millionenlöchern im Haushalt vor den letzten OB- und Kommunalwahlen Neuwahlen notwendig gemacht wegen „Wahlbetrugs“, in Mülheim laufen Punkte wie Etatdesaster aber stets unter „das Nebensächlichste“ der Welt, was bekanntlich auch die RP-Aufsichtsbehörde so sieht ….
Geschah also Daggis Sinneswandel aus Parteiräson, etwa um dem SPD-Bundeskanzlerkandidaten Steinbrück (im Bild rechts ganz im Schatten von Frau Mühlenfeld), also der mit dem fulminanten Fehlstart, Rückendeckung zu geben? Wohl kaum, denn Herrn „Peerlusconi“ kann und will niemand mehr wirklich helfen. Oder wollte Daggi der Mülheimer SPD-Ministerpräsidentin Wohlwollen signalisieren, damit das bankrotte Mülheim trotz jahrelang zu sehr geschönter Bilanzen doch noch die einst erhofften über 400 Mio.€ aus dem „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ bekommt wegen quasi zypriotischer Zustände a.d. Ruhrbania? Wer weiß das schon genau, doch bisher haben diese 2 Mölmschen Spitzendamen wenig getan, um sich gegenseitig die Rücken freizuhalten. Eine Herzensangelegenheit war die Haushaltskatastrophe unserer Daggi fürwahr auch noch nie.
Wenn also die Parteiräson anscheinend nur der allerletzte Grund für Daggis vorzeitigen Amtsverzicht ist, dann kann ihr plötzlicher Sinnesumschwung wohl entweder nur mit den Mülheimer Zuständen selbst oder aber mit den noch unbekannten Zukunftsange-boten und Ambitionen der Noch-OB begründet sein. Hinterfragen wir beide Möglichkeiten, rein hypothenusenmäßig, versteht sich:
Daggi wurde bekanntlich Anfang 2003 mit deutlich unterkühlter Wahlbeteiligung gewählt, nachdem der 99 ganz knapp gewählte Baganz (CDU) unter bis heute nicht wirklich geklärten Umständen Ende 2002 mit dem Spruch „Tut mir leid Jungs“ abgängig war. (Radikal-Privatisierer Baganz wurde dann später Staatssekretär in Düsseldorf, nagte also nicht gerade am Hungertuch). Frau Mühlenfelds Hauptprogrammpunkt 2003 hieß Ruhrbania. Daneben versprach sie ganz vehement den Flughafenausbau und den Metrorapid, also 2 Projekte, die ziemlich schnell bereits gescheitert waren, anders als das „Strategieprojekt“ mit dem Kunstnamen, das seit Jahren wie Mehltau über Mülheim hängt, vieles zerstört und alles lähmt. Später versprach sie auf Wunsch des Baukonzerns Hochtief auch noch eine „Zukunftsschule“ für Eppinghofen in der untergehenden Hauptschule Bruchstraße, ohne jemals eine zukunftsfähige Schulform dort auch nur andeuten zu können. Fast alle anderen Versprechungen waren weniger für die Wähler, sondern mehr getreu Daggis Wahlspruch „Ohne Bagger keine Zukunft“ im Sinne von bestimmten Baufirmen oder Immobilienhändlern.
Nachdem Metrorapid, Flughafenausbau, Zukunftsschule und auch Ruhrbania mal mehr, mal weniger endgültig gescheitert sind, nachdem ihr Vorhaben, alle Meterspur-Straßenbahnen abzuschaffen und durch Busse zu ersetzen, von der Realität und dem RP zunichte gemacht wurde, nicht zuletzt aber auch, nachdem Daggi wegen der Millionenverluste durch swaps oder andere Geldwetten nicht belangt werden wird, obwohl sie alles unterschrieben hat, also nach alledem könnte Frau OB ihre Wahl- und sonstigen Ziele und Versprechungen eigentlich als erledigt ansehen, egal ob und wie erledigt die Stadt dadurch wurde.
Doch möglicherweise stellten diese Ziele noch nie die Hauptmotivation dar für Daggis nun 10jährige OBschaft. Sicherlich konnte der/die ein oder andere aus dem Umkreis der Genossen in schwieriger oder weniger schwieriger Lage nachhaltig versorgt werden. Mehr ist beim Versorgen aber auf unabsehbare Zeit wohl nicht drin, spätestens nachdem der RP mit Bewertung des Etats 2013 in Bälde den Deckel auf die jahrelange Pöstchenvermehrung wird legen müssen. Nachdem auch noch Mühlenfeld jun. das örtliche SPD-Votum nicht bekam, um über den „sicheren“ Mülheimer Wahlkreis im Bundestag Karriere machen zu können, warum sollte die Mamma weiter für die örtliche Parteibasis sorgen?
Auch das weniger natürliche, aber dennoch Lieblingskind von Daggi, der Jugendstadtrat (JSR), hat sich mangels Kandidat/innen und Wähler/innen irgendwie verflüchtigt. Der JSR wäre zwar nicht weniger wichtig als vorher quasi als „her mistress voice“, doch real ist er nicht mehr greifbar. Im Bild links sitzt Daggi im Wahlkampf 2009 noch auf ihrem roten Sofa mitten auf der Schlossstr., umringt von SPD-Jung-Aktivisten, die zumeist auch JSR-Mitglieder waren. Vielleicht aber hat der vormalige JSR seine Schirmherrin auch zu sehr geärgert, als er es wagte, zur Frage der Hauptschule Bruchstraße ein einziges Mal anderer Meinung gewesen zu sein, wenn auch recht leise und vorsichtig.
Wie auch immer, beim genaueren Hinsehen muss man zugestehen, dass es aus Sicht auf Mülheim keinen Grund mehr zu geben scheint, um Daggi länger im OB-Amt halten zu können. Schließlich ist selbst das hochgradig bedenkliche „Perspektivkonzept Fußball“ durch, mit welchem Ehemann Rolf als Vorsitzender des TB Heißen eine nagelneue Sportanlage an der Hardenbergstr. für seinen Verein zusammen mit dem RSV Heißen bekommt. Als Nebenprodukt wird der bisherige RSV-Platz in Wohnbauland umgewandelt und das Mühlenfeldsche Haus daneben von heutigen Unannehmlichkeiten der Sportplatznähe befreit.
Kurzum: Der überraschend vorzeitige Verzicht von Frau Mühlenfeld auf sowohl 1 Jahr OB als auch die Wieder-Kandidatur kann einfach weder mit ihrer SPD-Zugehörigkeit, noch mit Mülheimer Zuständen, noch mit Unerledigtem vor Ort zu tun haben. Auch die Sorge um die schwächelnde kommunale Demokratie scheidet bei ihr als Motiv eher aus. So soll sie noch ganz kürzlich beim Bekanntwerden des Aussteigens von Heine/Hoffmeister aus Ruhrbania bzw. „Ruhr 12.00“ voller Überzeugung geäußert haben: „Na und? Selbst wenn die Ruhr versiegt, wird in Mülheim noch mehrheitlich SPD gewählt. Das ist sicherer als der Papst-Job in Berlusconiland!“ Da dies für sie geklärt zu sein scheint, ist es schwer vorstellbar, dass sie aus Sorge um eine drohende, noch schwindsüchtigere Demokratie vor Ort alle ihre viel wichtigeren Aufgaben und Tätigkeiten 1 Jahr vor Notwendigkeit aufgibt und sogar noch auf die auch ihr selbst sicher scheinende Wiederwahl verzichtet.
Der Schlüssel zur Lösung kann also nur darin liegen, dass Frau Mühlenfeld etwas viel Besseres in Aussicht hat, als was die Stadt Mülheim und selbst der RWE-Aufsichtsrat ihr bieten kann. Schließlich erhält sie von dem mit 33 Milliarden € in die Miesen gefahrenen Energiekonzern alleine für 2012 noch 124.000 € „Aufwandsentschädigung“ für ca. 4 Sitzungen. Und auch dem RWE kann man in Mülheim kaum noch mehr anbieten, als was der Konzern in „seiner“ Modellstadt Mülheim nicht schon längst besitzt, angefangen vom RWW bis zuletzt sogar der vorzeitigen Verlängerung der Stromkonzession. Worin könnte also eine zukünftige Aufgabe für unsere Daggi liegen, dass sie dafür sogar auf den Sitz im erlauchten RWE-Aufsichtsrat verzichtet?
An dieser Stelle wird es besonders schwierig, weil einfach zu viele spekulative Möglichkeiten denkbar erscheinen. Eines aber scheint sicher: Ein läppisches Mülheimer Pöstchen kommt nicht in Betracht, etwa als gelernte Geschichtslehrerin dann zukünftig Leiterin des stadtgeschichtlichen Museums, welches für ein Heidengeld per Umwegfinanzierung in die alte Augenklinik am Hingberg verbaut wurde. Bei Daggis Meriten muss und kann das nur was viel Höheres und Bedeutsameres sein, mindestens in Berlin, wenn nicht gar in Brüssel oder auch bei der UN in New York. Für eine Frau über Quote fällt einem spontan die EU ein, die bekanntlich völlig vernarrt in Quotierungsregulierungen ist. Daggi etwa als after-Öttinger? Zumindest ihre überlegeneren Englischkenntnisse sprächen eindeutig dafür! Und vor kurzem besuchte Daggi doch bereits Brüssel, ohne dass jemand wusste, warum! Nachtigall, ick hör dir ………..
Aber zurück zu Frau Mühlenfeld (SPD) und “ihrem” bisherigen Haupt-Amt,
auf das sie nun so überraschend vorzeitig verzichten wird.
Bei der Kommunalwahl 2005 brauchte die 2003 gewählte Frau Mühlenfeld nicht anzutreten, weil nach den NRW-Landesbestimmungen zur Einführung der Monospitze 1999 „seltsamer-weise“ ein/e nachgewählte/r OB automatisch bis zur übernächsten Wahl im Amt bleibt. Bei den Kommunal- und OB-Wahlen 2009 konnte Daggi gegen den CDU-Kandidaten Zowislo leicht gewinnen, war selbiger sicherlich bei seiner Vorgeschichte als Baganz-Adlatus und MST-Chef in Mülheim chancenlos.
Die schwarz-grüne Landesregierung unter dem selbsternannten „Arbeiterführer“ Rüttgers (CDU) löste 2005 auch wegen des übergroßen NRW-SPD-Filzes die Regierung Steinbrück ab. Alle großen Wahlversprechen von Rüttgers&Co, wie etwa die Reduzierung der RP`s auf 3 mit einem neuen RP Ruhr blieben unbearbeitet. Dafür aber schafften sie das Widerspruchsrecht für die Bürger ab und setzten durch, OB- und Kommunalwahlen in Zukunft getrennt durchzuführen durch Amtszeitverlängerung für OBs. 2009 wurden beide noch gleichzeitig gewählt, dann der Rat alle 5 Jahre und der/die OB alle 6 Jahre. Die damalige Oppositionsführerin Kraft (SPD) wetterte dagegen, weil so der Weg für „Sonnenkönige“ (bzw. sunqueens, um politisch korrekt den Gender-Aspekt nicht zu unterschlagen) frei gemacht würde. Ende 2006 fiel Partei-„freundin“ Mühlenfeld ihrer Landesvorsitzenden aus der gleichen Stadt in den Rücken, denn Daggi befürwortete damals vehement die Wahlrechtsänderung von CDU/FDP.
Die Landtagswahl 2010 erteilte der Rüttgers-Regierung eine Abfuhr, so dass die Mülheimerin Hannelore Kraft eine erneute rot-grüne Regierung bilden konnte, wenn auch ohne eigene Landtagsmehrheit. Frau Kraft hatte im Wahlkampf immer wieder versprochen, einige der o.g. Fehlentscheidungen der Vorgängerregierung rückgängig zu machen. 2012 wurde der Landtag vorzeitig aufgelöst und seit der Wahl im letzten Mai hat Rot-Grün im NRW-Landtag eine satte Mehrheit. Nun wurde im März endlich auch das Wahlversprechen der vorletzten Wahl umgesetzt, nämlich Kommunal- und OB-Wahl wieder zusammenzulegen.
Das ist „naturgemäß“ nicht ganz so einfach, weil die 2009 gewählten OB`s sich auf 6 Jahre Wahlperiode berufen können. Deshalb ist die gleichzeitige Wahl juristisch erst 2020 möglich. Das ist logischerweise nicht besonders toll für die Umsetzung eines Wahlversprechens. Also legt die Regierung Kraft den OBs nahe, freiwillig 1 Jahr vorher ihre Amtszeit zu beenden, um die gewünschte gleichzeitige Wahl bereits 2014 möglich zu machen. Das macht Sinn, weil anders leider nicht möglich. Die Frau mit „NRW im Herzen“ vergaß bisher allerdings die versprochene Wiedereinführung des Widerspruchsrechts, weil ihr anscheinend die Verwaltungen in Stadt und Land doch mehr am Herzen liegen als die Bürger.
Frau Mühlenfeld verlor ihrerseits nie ein Wort darüber, dass ihr 2003 trotz normal damals „nur“ 5jähriger OB-Amtszeit sechseinhalb Jahre „geschenkt“ wurden, ohne sich den Wählern stellen zu müssen, Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die OB auch nur von Wenigen vornehmlich deshalb gewählt wurde, weil die Amtszeit ab 2009 aus 6 statt 5 Jahren bestehen sollte. Die meisten wussten es wohl auch kaum. Deshalb bricht die OB auch kein Wahlversprechen, wenn sie nun 1 Jahr vorher ihr Amt abgibt. Bravo dafür!
Die Landesregierung sollte übrigens auch die Bestimmungen für die Länge der Amtszeit bei Nachwahlen wegen Abgängen oder Todesfällen oder Abwählens ändern. In Köln z.B. verstarb der 99 gewählte OB ziemlich bald nach der Wahl. Der dann gewählte Schramma konnte bis 2009 ohne Neuwahl regieren. Ob das der Stadt Köln gut getan hat, kann man durchaus bezweifeln!
Hans Albers, 1. April 2013
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