RWE im freien Fall – MBI für den schnellstmöglichen Verkauf der RWE-Aktien
13.9.16: Eon hat seine neue Tochter Uniper mit dem sog. „Altgeschäft“ der Energiewirtschaft an die Börse gebracht und erwartungsgemäß nur bescheidene Resonanz erfahren.
Aus WAZ Wirtschaft von heute: „RWE will Innogy zu Geld machen – Beim Börsengang will der Konzern neben einer Kapitalerhöhung auch Bestandsaktien verkaufen“ und Kommentar: „Wer klüger spaltet, bleibt weiter offen“, der sich mit den unterschiedlichen Konzepten von RWE und EON befasst, aber im Dunkeln tappt.
Doch egal, wer von den beiden Energieriesen das auf Dauer eher überlebensfähige Konzern-Aufspaltungskonzept fährt, für eine wegen der sehr großen RWE-Aktienpakete sogar überschuldete Stadt wie Mülheim kann die Devise nur lauten, sich soweit möglich von den „Bestandsaktien“ zu trennen, aber auch keine Innogy-Aktien spekulativ zu erwerben.
War ersteres im Juni noch anscheinend bereits auf dem Weg, hört man nichts mehr davon und weiß auch nicht, was die Kämmerei und die BHM vorhat. Deshalb haben die MBI folgenden Sachstandsbericht angefragt. Es handelt sich zweifelsohne um eine der zentralen Fragen der Mülheimer Stadt- und Haushaltspolitik.
MBI-Anfrage für den Hauptausschuss am 15.9.2016 TO: öffentlich
Sachstand Verkauf der RWE-Aktien
Die Stadt Mülheim hat aufgrund des Ratsbeschlusses vom 28.1. begonnen, die Wertpapierleihen mit der Fernheizgesellschaft Bochum-Ehrenfeld mbH sowie der RWEB zu kündigen. In der Hauptausschusssitzung am 30.6. berichtete der Stadtkämmerer auf unsere Anfrage hin, dass die bereits gekündigten 1 Mio. RWE-Stammaktien ab Anfang August verkauft werden könnten, die restlichen 2,6 Mio. Stammaktien stünden ab Oktober 2016 zum Verkauf zur Verfügung.
Herr Bonan oder Herr Dr. Dönnebrink möge daher berichten,
- ob die geplante Kündigung der 2,6 Mio. Aktien bei RWEB zum 30.9. erfolgt ist
- ob und wenn ja, wie weit ein Verkauf der Aktien vorbereitet wurde
- wie das weitere Vorgehen geplant ist.
L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher
20.6.16: MBI-Anfrage für den Hauptausschuss am 30.6.16
Aufkündigung der RWE-Schachtelbeteiligung und möglicher Verkauf der RWE-Aktien
Kämmerer oder/und BHM-Chef Dr. Dönnebrink mögen zu folgenden Fragen Stellung beziehen:
- Wann hat die Stadt Mülheim welche Teile seines RWE-Aktienpaketes an der RW Energie-Beteiligungsgesellschaft gekündigt und zu welchem Termin?
- Soll das gesamte Paket gekündigt werden? Wenn ja, wann und zu welchem Termin?
- Ab wann wäre ein Verkauf welcher Aktienteile jeweils möglich?
- Gab oder gibt es bisher in der Kämmerei oder der BHM/BtMH Überlegungen, Aktien der demnächst ausgegliederten RWE-Ökotochter „Newco“ zu kaufen, wie es in Dortmund anscheinend beabsichtigt ist? Wenn ja, wie weit sind die Überlegungen gediehen?
Begründung
Um Steuern zu sparen, aber auch um als kommunale Anteilseigener mehr Einfluss auf RWE zu haben, hatte Mülheim wie andere Städte auch sein RWE-Aktienpaket an die RWEB (RW Energie-Beteiligungsgesellschaft) verliehen. Da auf absehbare Zeit aber keine Dividendeneinnahmen aus dem Aktienpaket erwartet werden und demzufolge auch keine Steuern anfallen, fällt der wesentliche Vorteil der RWEB-Beteiligung weg.
Ein möglicher Verkauf der Aktien, über den der Rat möglicherweise nach der Sommerpause entscheiden wird, würde die BHM (Beteiligungsholding) bzw. BtMH (Betriebe der Stadt) entlasten, über welche Mülheim insgesamt knapp 10 Millionen RWE-Aktien hält.
Mit dem Erlös aus einem Verkauf, der nach jetzigem Stand bei ca. 80 oder gar 120 Millionen Euro liegen würde, je nachdem was mit den Stiftungsaktien geschehen soll, könnte die Stadt medl- oder RWW-Anteile vom RWE kaufen.
Überlegungen zum Verkauf der RWE-Aktien gibt es auch in anderen Kommunen, u.a. in Bochum und Essen. Laut WAZ Bochum vom 18.6.16 hat „Mülheim einen Teil seiner Schachtelbeteiligung bereits gekündigt und beabsichtigt, so die Verwaltung, die Kündigung des gesamten Pakets“.
- Mehr in WAZ Bochum vom 18.6.16: „Bochum sollte RWE-Schachtelbeteiligung aufgeben“ hier
- Zum evtl. Newco-Aktienkauf der Stadt Dortmund mehr in WAZ Dortmund vom 30.5.16: „Stadt diskutiert Aktien-Kauf bei RWE-Tochter“, nachzulesen hier
L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher
17.2.16: Alles andere als überraschend streicht der marode RWE-Konzern die Dividende ganz. Die war mit 1 €/Aktie nur auf Druck der RWE-Städte utopisch hoch bei einer Verschuldung des Konzerns von ca. 30 Mrd. und einem nicht mehr funktionierenden Geschäftsmodell. Der Essener Kämmerer sagte: „Das übertrifft meine schlimmsten Alpträume.“ Frage: Wovon hat der denn die letzten Monate geträumt? Mehr in
- 17.2.16: WAZ Essen: „Stadt Essen geschockt: RWE streicht Dividende zusammen“ hier
Und Mülheim schweigt? Eigentlich müsste der Kämmerer zurücktreten bei derart viel Fehleinschätzung nicht nur bzgl. der RWE-Entwicklung. Man denke nur an swaps, Währungswetten, PPP-Abenteuer u.v.m..
Mülheim/Ruhr hat im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl mehr doppelt so viele RWE-Aktien wie Essen und dreimal so viele wie Dortmund. Der Mülheimer Kämmerer musste 2014 bei der endlich gesetzlich vorgeschriebenen Realbewertung der RWE-Aktien für den Jahresabschluss 2013 die über Jahre angesetzten Höchstwerte der Aktie aus 2007 korrigieren. Damit war die kleine Großstadt mit einem Federstrich um 468 Mio. € ärmer und ist seither auch bilanziell hoffnungslos überschuldet, will aber weiter an den „toxischen“ 10 Millionen RWE-Aktien festhalten.
Mehr zur RWE-Krise und Mülheim u.a. in
- 11.3.15: RWE oh weh, oh weh! Und etliche Ruhrgebietsstädte gleich mit, allen voran Mülheim! hier
- 8.3.15: Handelsblatt: “RWE – Peter Teriums verzweifelte Suche nach dem Ausweg” hier
- 23.7.14: RWE-Aufsichtsratsgelder und die Instinktlosigkeit mancher raffgierigen Spitzenbeamten hier
- 12.4.14: “Mülheim einsame Spitze im Bankrottsein auch durch extreme RWE-Abhängigkeit!!” hier
- weitere Links weiter unten
Der Konzern aber taumelt von einem Desaster ins nächste, auch weil ihm das Geschäftsmodell abhanden kam.
Und der RWE-Aktienkurs fällt und fällt. Am Dienstag, dem 15.9.15 erreichte er ein neues Jahrestief von unter 10 €. Der Mülheimer Kämmerer wird wohl weitere mind. 150 Millionen € als zusätzliches negatives Eigenkapital verbuchen müssen! Mehr auch in: „RWE-Aktien: Dem Essener Etat droht ein neues Fiasko! In Mülheim kein Thema…?!?“ vom 1.9.15 hier
Aktuell sorgen sich die Börsianer offensichtlich vor allem um die Atomrückstellungen des Konzerns. Schon jetzt hängen die Atomlasten wie ein Mühlstein an RWE: Rund zehn Milliarden Euro betragen die Rückstellungen dafür, die Aktien des Unternehmens sind aktuell aber nicht einmal mehr 7 Milliarden Euro wert. „Das geht doch nicht so weiter“, schimpft ein großer kommunaler Aktionär im Manager-Magazin: „Wenn Sie Börsenkapitalisierung und Atomlasten gegeneinander aufrechnen, ist RWE tot.“ In der Stromerzeugung brechen dem RWE zudem die Gewinne immer stärker weg. Gaskraftwerke rechnen sich meist gar nicht mehr, Kohleanlagen immer weniger. Wenn die Entwicklung so weiter läuft, drohen bei den Kraftwerken, dem einstigen Lieblingsgeschäft des Konzerns, in den kommenden Jahren sogar rote Zahlen. Der Einnahmeverlust ist so groß, dass alle Sparprogramme nicht genügen.
Mitten im Überlebenskampf auch noch Personalstreit: Am 18.9.15 beriet der RWE-Aufsichtsrat über die Nachfolge ihres Vorsitzenden Manfred Schneider. Die Kommunen haben Ex-Minister Werner Müller gegen den Ex-SAP-Finanzvorstand Werner Brandt ins Rennen geschickt. Doch für RWE geht es um viel mehr als um diese Personalie. Von Werner Müller erhoffen sich die Kommunen eine erfolgreiche Sanierung und eine Lösung für die Atomlasten ähnlich wie bei der deutsche Steinkohle. Die hatte Müller über eine Stiftung erfolgreich und geräuschlos abgewickelt. Schneider kämpft dagegen für den Ex-SAP-Finanzvorstand Werner Brandt als seinen Nachfolger und er setzte sich vorerst gegen Kommunen und Gewerkschafter durch!
Die Aktie von RWE hat seit Januar mehr als 50 Prozent an Wert verloren – das Unternehmen muss laut „Handelsblatt“ um seinen Verbleib im Dax fürchten. Sollten sich die Kursverluste im gleichen Tempo fortsetzen, so besteht laut „Handelsblatt“ sogar die ernsthafte Gefahr für RWE, im Eilverfahren aus dem Dax geworfen zu werden. Das könnte bereits im November passieren, schreibt die Zeitung.
Zum Retter in der Not könnten nach Aussagen des Manager-Magazins ausgerechnet die Kommunen werden, die bei RWE mit insgesamt etwa einem Fünftel der Anteile nach wie vor stark engagiert sind. Je mehr Anteile sie verkaufen, desto höher steigt der Streubesitz der RWE-Aktie, was gegen einen Dax-Rauswurf schützen kann. Hört, hört, ihr Bonans&Co!
Die Kommunen fürchten ohnehin um die Dividende – Die Kommunen verfolgen die Entwicklung des Unternehmens mit höchster Nervosität. Sie sorgen sich vor allem um die Dividenden, die in den knappen Haushalten an der Ruhr längst eingeplant sind. Zuletzt hatte RWE einen Euro pro Aktie gezahlt, vor wenigen Jahren noch 3,50 €. Er stelle sich auf Kürzungen auf 50 oder 60 Cent und damit neue Millioneneinbußen ein, sagte Essens Stadtkämmerer Klieve kürzlich.
Anstatt wie das Kaninchen vor der Schlange nur mit erstarrtem Blick zuzuschauen, wie das RWE von einem Tief zum nächsten taumelt, müssen Städte wie Mülheim dringend versuchen, Wege aus der RWE-Abhängigkeit zu beschreiten. Das kann nur über den Verkauf der Aktien laufen.
So bedauernswert es ist, dass dies nicht viel früher geschah, es hilft nichts, die Stadt muss auch an ihre eigene Handlungsfähigkeit denken. Natürlich wäre es viel besser, wenn der Aktienverkauf noch den 5 oder gar 10fachen Erlös für die bankrotte Stadt bringen würde wie noch vor wenigen Jahren. Man hat sich halt vertan, besser verspekuliert, als man in der Mülheimer Stadtspitze glaubte, der Konzern würde nach einer Schwächephase wieder zu alter Größe mit üppigen Dividenden zurückfinden! Aus all den o.g. Gründen haben die MBI folgenden Antrag eingereicht:
P.S.: Auch wenn RWE-Chef Terium Mülheimer ist genau wie sein Vorgänger Großmann, ebenso der Kandidat Müller als Aufsichtsratschef und die bald ex-OB Mühlenfeld als Aufsichtsrätin, hilft das alles der Stadt im Schlepptau des mehr als trudelnden RWE nichts mehr!
MBI-Antrag für den Finanzausschuss der Stadt Mülheim am 28.9.2015 TO: öffentlich
Vorbereitung des Verkaufs der RWE-Aktien
Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung bzw. die BHM wird beauftragt, den Verkauf der RWE-Aktien, soweit sie im Besitz der BHM sind, vorzubereiten. Der Verkauf soll unabhängig von der jeweils aktuellen Kursentwicklung vorangetrieben werden. Die Verkaufsabsicht soll mit den anderen VKA-Mitgliedern rechtzeitig abgestimmt werden. Der Verkaufserlös soll nach Möglichkeit zum Ankauf von weiteren Anteilen an teilweise privatisierten städtischen Gesellschaften, wie z.B. der medl, eingesetzt werden. Außerdem wird mit dem Regierungspräsidenten geklärt, wie eine gezielte Verwendung zum Anteilskauf gesichert werden kann.
Begründung:
Trotz des anhaltenden Kursverfalls der Aktie wurde bisher am Aktienbesitz wegen der hohen Dividende festgehalten. Nachdem die Dividende im letzten Jahr noch einmal auf 1 Euro festgesetzt wurde, ist nach allgemeiner Auffassung nicht davon auszugehen, dass zukünftig noch 0,50 € überschritten(bzw. überhaupt erreicht) werden. Die notwendige Wertberichtigung des Aktienbestandes im letzten Jahr hat bereits zur bilanziellen Überschuldung der Stadt Mülheim geführt. Die selbstverursachten Probleme des RWE-Konzerns sind hinlänglich bekannt. Ein Festhalten an der Aktie wegen theoretisch möglicher Trendwenden bei Kurs und Dividende kann nur als Spekulation an der Börse angesehen werden und kann nicht Sache einer Kommune sein. Wird das vorhandene Kapital in den teilweise privatisierten städtischen Gesellschaften investiert, ist zumindest bei einigen, z.B. der medl, mit einer dauerhaft höheren Rendite zu rechnen als beim RWE. Die Daseinsvorsorge ist ohnehin grundsätzlich öffentliche (kommunale) Aufgabe und gehört nicht in die Hand von profitorientierten Privatunternehmen.
Da die VKA-Städte immer noch 25% der Aktien halten, wäre es kontraproduktiv, wenn alle gleichzeitig versuchen würden, ihre Aktien am Markt unterzubringen. Deshalb ist es notwendig, mit den verkaufswilligen Städten eine gemeinsame Strategie zu entwickeln.
Zwischen dem Verkauf der Aktien – der sich auch über einen längeren Zeitraum erstrecken kann – und dem möglichen Ankauf von Gesellschaftsanteilen können mehrere Monate liegen. Es muss vorher geklärt werden, wie die Verwendung der Veräußerungsgewinne für den Anteilskauf gesichert werden kann und welche steuerlichen Bedingungen zu beachten sind.
Mülheim a.d. Ruhr, den 18.10.2015
Lothar Reinhard, MBI-Fraktionssprecher
Mehr Links zu RWE-Krise und Mülheim u.a. in
- März 15: Retten Milliarden aus Berlin “arme” Städte wie Mülheim? hier
- Feb. 15: Mülheim nur Zaungast beim RWW-Verkauf? MBI: RWE-Aktien gegen RWW-Anteile tauschen! hier
- Jan. 15: Auch mit Schweizer Franken gehörig verspekuliert: Endlich striktes Spekulationsverbot für Kommunen, wie die MBI es seit Jahren fordern! hier
- Jan. 15: RWE-Öko-Modellstadt Mülheim ein Riesenflop? Smart Meter nicht datensicher, Pflichteinbau um weitere Jahre verschoben! hier
- Dez. 14: MBI-Etatrede vom 18.12.15: „Etat 2015 der Rekord-Pleitestadt Mülheim noch perspektivloser als zuvor!“ hier
- Dez. 14: Mülheim Rekord-Schuldenmacher, doch wen interessiert es? hier
- Okt.14: Etat 2015 der Stadt Mülheim bereits Makulatur? hier
- April 14: Mülheim einsame Spitze im Bankrottsein auch durch extreme, gewollte RWE-Abhängigkeit!! hier
- April 14: Mülheim bilanziell überschuldet, also bankrott, und nun? MBI-Forderungen zur Rettung Mülheims und des Ruhrgebiets hier
- Pünktlich zum 1. April 14: Leider nur ein Aprilscherz: Der Mölmsche Knaller zum 1. April: Milliardenschulden weg durch Ade statt a.d.!! hier oder als pdf-Datei (68 KB)
- März 14: Mülheim als reiche Stadt vor dem selbstverursachten Absturz? hier
- März 14: RWE, oh weh, oh jemine! Und Mülheim mit im Abwärtsstrudel! Die RWE-Städte im Schlepptau sollten sich von den RWE-Aktien trennen! Jetzt erst recht! hier
- Feb. 14: RWE-Fehlentscheidungen als Fluch für Essen, Mülheim, Dortmund und Rest-Deutschland hier
- Feb. 14: MBI-Oberziele und Forderungen zu den Kommunalwahlen 2014 hier
- MBI-Haushaltsrede vom 18.12.13: „Hoffnungslose Haushaltslage von Mülheim durch gigantische Misswirtschaft und zu große RWE-Bindung!“ hier
- Sept. 13: Der Fluch der RWE-Aktien trifft Mülheim besonders knüppelhart! hier
- Juni 13: Bonan und der Populismus-Vorwurf als Ablenkung und Augenwischerei hier