Unglaubliches Mülheim: Demokratieferne und Gesetzlosigkeit in Serie!?!? Beispiel Straßenbahnstilllegung
- WAZ Mülheim 5.6.14: „Bezirkregierung nickt Mülheims ÖPNV-Planung ab, auch die rechtwidrige Stilllegung des Flughafenasts der 104!“ hier
MBI: Schluss mit der ÖPNV-Kirchturmspolitik, Verschmelzung der Einzel-Verkehrsgesellschaften und ein gemeinsamer Nahverkehrsplan zumindest für die Teilmetropole Ruhr-West (DU, OB, MH, Essen)
Vor 2 Jahren wurde der Flughafenast der Straßenbahnlinie 104 zwischen Hauptfriedhof und Flughafen bei Nacht und Nebel stillgelegt. Anderthalb Jahre zankte daraufhin der RP mit der Stadt, weil die Aufsichtsbehörde diese Stilllegung als unrechtmäßig ansah. Die Aufsichtsbehörde lehnte den zugehörigen nachträglichen Antrag der Stadt ab. Dagegen legte die Stadt Widerspruch ein, doch seit langem hörte man dann nichts mehr. Mehr in den Links ganz unten
Die Begründung, warum der Flughafenast der 104 nicht einfach stillgelegt werden darf, liegt unabhängig von der verletzten Betriebspflicht der MVG, wohl auch darin begründet, dass in allen RVR- und Landesplänen diese Straßenbahnlinie noch verlängert werden soll über Bredeney bis zur Gruga. Der RP kann und darf also m.E. der Herausnahme eines Zwischenstücks nicht zustimmen, solange die Pläne nicht geändert werden. Das aber hat z.Zt. niemand vor und auch Mülheim hat bis heute keinen Antrag dahingehend gestellt.
Im Juni letzten Jahres hatten die MBI im zuständigen Mobilitätsausschuss deshalb den Antrag gestellt, die unrechtmäßig stillgelegte StraBahn-Strecke wieder in Betrieb zu nehmen. Die Abstimmung darüber wurde aber vertagt, weil der Planungsdezernent am gleichen Tag einen Bescheid der Staatskanzlei bekommen hatte, mit der die Streckenstilllegung angeblich gebilligt wurde. Die eigentlich nicht zuständige Staatskanzlei von Frau Kraft hatte sich in den Konflikt eingeschaltet und behauptet, das Straßenbahnstück könne stillgelegt bleiben, solange die Schienen erhalten und für die Landesplanung weiter nutzbar bleiben würden. Soweit so gut oder auch nicht, jedenfalls ruht seitdem jede weitere Diskussion darüber.
Und dann am 7.4.14 die nächste Überraschung als Zeitungsmeldung. Auf der stillgelegten Straßenbahntrasse soll noch in diesem Jahr(!) ein Radweg entstehen. Angeblich sollen die Landesgelder dafür bereit stehen. Die Stadtverwaltung habe den Antrag gestellt.
Als Mitglied im Rat und im Mobilitätsausschuss muss man sich wundern. Nicht nur, dass die Mülheimer Gremien über dieses Projekt nicht informiert wurden, geschweige denn mitbestimmen zu dürfen, kann es nach Recht und Gesetz eigentlich nicht sein, s.o.. Die Strecke müsse „nur“ noch mal so eben als Straßenbahn-Strecke entwidmet werden, sagt Frank Hoffmann von der Regionalniederlassung Ruhr bei Straßen NRW in der WAZ-Artikel, s.u.. Ob der RP davon weiß, ist unklar. Und dass er das genehmigen darf, erscheint nicht unbedingt wahrscheinlich. Deshalb haben die MBI den RP als Genehmigungsbehörde für ÖPNV-Strecken um Stellungnahme gebeten, s.u. unterhalb der Ausschnitte des WAZ-Artikels. Die ausführliche Antwort des RP erreichte die MBI am 10.5.14. Der RP machte deutlich: Ein Fahrradweg auf der unrechtmäßig stillgelegten Trasse des Flughafenasts der 104 ist nicht möglich.
Warum verbreitete die Stadt Mülheim solche Eigenbrötlereien dennoch?
Da wusste auch die eine Landesbehörde nicht, was die andere tut. Oder sie sollten von den Mülheimer Planern gegeneinander ausgespielt werden. Doch egal: So sinnvoll ein „Bürgerradweg“ auch sein mag, den die Verwaltung „für die Bürger“ plant: Das Ganze läuft irgendwie an den rechtlichen Vorgaben und den zuständigen demokratischen Gremien völlig vorbei. Anscheinend hat die Mölmsche Verwaltung sich auch in dem Punkt ziemlich verselbständigt.
Die Notwendigkeit eines teuren Fahrradwegs auf der 2 km langen Strecke zwischen Hauptfriedhof und Flughafen erschließt sich dem Ortskundigen zudem nicht wirklich, unabhängig davon, er auf absehbare Zeit nicht machbar ist!
Mülheim erhält einen Bürger-radweg Richtung Flughafen
WAZ 7.4.14, der ganze Artikel hier
Die stillgelegte Straßenbahnstrecke der 104 zum Flughafen.
Ein weiterer Rad- und Fußweg soll auf einer alten Bahntrasse errichtet werden. Das Projekt entsteht zwischen Hauptfriedhof und Flughafen an der Zeppelinstraße. Das Land stellt Mittel bereit, die Stadt plant. Fertigstellung der 1,9 Kilometer langen Strecke soll im nächsten Jahr sein. Nicht jeder ist begeistert. …… Auf der ehemaligen Bahntrasse der stillgelegten Linie 104 baut Straßen NRW einen sogenannten Bürgerradweg, der spätestens 2015 fertig gestellt sein soll – ein genauer Baustart steht aber noch nicht fest. Die Finanzierung aus Landesmitteln hatte die Stadtverwaltung stellvertretend für die Mülheimer Bürger beim NRW-Ministerium für Bauen, Wohnen, Verkehr und Stadtentwicklung beantragt. …….
Bevor es losgehen kann, müsse die ehemalige Trasse jedoch entwidmet werden, sagt Frank Hoffmann von der Regionalniederlassung Ruhr bei Straßen NRW.
Da bei den Bürgerradwegen die Planung von den Bürgern – oder in diesem Fall von der Stadtverwaltung – übernommen wird, werde der Bau kostengünstiger als bei einem ‘normalen’ Bau. In diesem Fall gebe es zudem bereits einen Unterbau auf der ehemaligen Straßenbahnstrecke – „das kommt uns ebenfalls zugute“, so Hoffmann. Auf diese Weise können Maßnahmen realisiert werden, die sonst lange in der Warteschleife gehangen hätten. …………. Kritik an dem Radweg kommt aus der Interessengemeinschaft für Holthausen, Menden und Raadt (Ingho). Deren Vorsitzender Michael Dickhaus sieht an anderen Stellen im Stadtteil viel größeren Bedarf: „Das Geld sollte besser in die Oppspring-Kreuzung investiert werden“, findet er. „Dort gammeln Gehwege und Geländer vor sich hin, dort werden wild Werbeplakate gehängt, obwohl die Wege viel von Schulkindern und Fußgängern genutzt werden.“ Da viele Autofahrer von auswärts die Kreuzung passieren, sei diese eine Art kleine Visitenkarte der Stadt – und die gebe kein schönes Bild ab. „In einen Radweg zu investieren und die echten Probleme liegen zu lassen, finde ich nicht richtig“, sagt Dickhaus.
Mülheim, den 07. April 2014
An die Bezirksregierung Düsseldorf, z.Hd. der Regierungspräsidentin und des Dezernenten für Verkehr
Betr. Geplanter Radweg auf der Trasse der Straßenbahnlinie 104
Sehr geehrte Frau Lütkes,
sehr geehrter Herr Vollstedt,
wir rieben uns die Augen, als wir heute morgen in der lokalen WAZ lesen konnten, dass die jahrelang strittige Teilstrecke der Straßenbahnlinie 104 zwischen Hauptfriedhof und Flughafen nun entwidmet und in einen Radweg umgewandelt werden soll, vgl. beigefügten WAZ-Artikel.
Wir wären Ihnen verbunden, wenn Sie uns die Stellungnahme der Bezirksregierung zu dem Projekt möglichst zeitnah mitteilen könnten.
Vielen Dank im Voraus
L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher
Am 10. Mai erhielten die MBI die Antwort des RP zu dieser MBI-Anfrage. Auf über 4 Seiten erläutert das Verkehrsdezernat der Bewilligungsbehörde den korrekten Verfahrensstand zu der unrechtmäßigen Stilllegung und den Anfang April über Presse verkündeten „Bürgerradweg Richtung Flughafen“. Die RP-Stellungnahme besagt folgendes:
- Der stillgelegte Flughafenast ist Bestandteil der regionalen Entwicklungsachse Rhein-Ruhr, die in Zukunft durchgängig meterspurig von Sterkrade bis Witten verlaufen soll, um gemeinsam mit 4 Stadtbahnlinien die Hauptlast des Personennahverkehrs zu bewältigen für die Städte OB, MH, E, GE, Bo, Herne, Hattingen und Witten. Das ist im Landesentwicklungsplan (LEP), im Gebietsentwicklungsplan (GEP) und im Regionalen Flächennutzungsplan (RFNP) so festgeschrieben. Auch im interkommunalen B-Plan H 17 „Wohn- und Gewerbepark am Flughafen“ von 2009 wird die Anbindung an die Straßenbahn explizit als wichtige Voraussetzung aufgeführt.
- Der RP hat die Konzession für die Betriebsgenehmigung der MVG erteilt. Die Genehmigung für den stillgelegten Flughafenast läuft bis 2027. Die ordnungsgemäße Instandhaltung hat die MVG pflichtwidrig unterlassen. Den mehrmaligen Aufforderungen zur Wiederherstellung folgte die MVG nicht. Sie stellten nachträglich den Antrag auf Entbindung von der Betriebspflicht und Genehmigung der Streckenstilllegung, den der RP im März 2013 ablehnen musste. Der Widerspruch dagegen ist bis heute nicht endgültig entschieden wegen der Aufstellung eines Nahverkehrsplans, welcher erst im Dez. 13 verabschiedet wurde. Die Beurteilung des NVP durch den RP wird auch Basis für den Bescheid zum Widerspruch bzgl. des Flughafenasts sein.
- Der Flughafenast der 104 ist weiter konzessionierte Straßenbahnstrecke, was andere Nutzungen wie die Errichtung eines Fahrradwegs nicht zulässt.
- Selbst wenn das Stilllegungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen wäre, um überhaupt Baurecht schaffen zu können, müsste dann auch die Finanzierung eines Radwegs erst vom Regionalrat des RVR beschlossen werden.
Mit anderen Worten: Die von Mülheim gewollte, endgültige Stilllegung des Flughafenasts der 104 würde zentrale Landes- und Regionalpläne torpedieren. Bisher hat niemand zum LEP, GEP oder RFNP einen Antrag dahingehend gestellt, auch Mülheim nicht. Mülheim möchte also eigenbrötlerisch aus dem Ruhrgebietsverbund ausscheren. Wenn das Schule macht, bricht der ÖPNV im Ruhrgebiet endgültig zusammen und eine Zukunftsplanung wird nicht mehr möglich sein.
Mit der Verkündung des rechtlich nicht möglichen Fahrradwegs auf der Bahntrasse wollten die Mölmschen Kirchturmsplaner anscheinend demonstrieren, wie ernst sie es meinen. Dass sie dazu den Landesbetrieb Straßen mit einspannen konnten, ist zwar publizistisch geschickt, real aber ein recht hinterhältiges Manöver.
Wie schreibt der RP dazu: „Gleichwohl ist es Stadt und Landesbetrieb … unbenommen, für den Fall einer endgültigen Aufgabe des Bahnbetriebs über einen Radweg auf der Trasse nachzudenken, zumal keine Gefahr besteht, dass vorzeitig Fakten geschaffen werden.“ Aus dem Behördendeutsch übersetzt, heißt das soviel wie „Die Stadt Mülheim darf natürlich auch über jeden Unsinn nachdenken, solange sie will, aber keinen Schaden anrichten darf.
Für uns in Mülheim aber muss man befürchten, dass die „Strategen“ in Rat und Verwaltung bzgl. des ÖPNV weiter mit dem Kopf durch die Wand wollen und nach 4 Jahren Dauerchaos mit immer neuen Gutachten und endloser Verschwendung von Zeit, Energie und Geld das wichtige Thema der ÖPNV-Zukunft nicht im Städteverbund und im Einklang mit der Landesplanung angehen wollen.
Ohne ein baldiges Ende des Kirchturmsdenkens inkl. der Vorstellung, dass man in der „eigenen“ Stadt machen kann, was man will, egal was Gesetze, Vorschriften, Regional- oder Landespläne usw. verlangen, wird der bereits hoch defizitäre und für eine Metropole wenig effektive ÖPNV des Ruhrgebiets nicht zukunfsfähig gemacht werden können, im Gegenteil.
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